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Nachruf: Günter Grass

»Herzliche Grüsse!« waren die letzten Worte, die Uwe Johnson schriftlich an Günter Grass sandte. Er gratulierte ihm zur polnischen Übersetzung der Blechtrommel. Das war im Januar 1984, wenige Wochen vor Johnsons Tod. Beide Schriftsteller hatten ihren Durchbruch 1959, sie lernten sich auf der Frankfurter Buchmesse kennen, später lasen sie gemeinsam. Wenngleich sie literarisch wie politisch verschiedene Wege gingen, stehen die Namen Grass und Johnson wie kaum andere für die deutsche Nachkriegsliteratur, die nach Trümmern und Kahlschlag nicht mehr einer unmittelbaren ›Bewältigung‹ verschrieben sein konnte.

In Berlin waren die beiden viele Jahre Nachbarn. Grass kaufte auf Empfehlung des Mecklenburgers das Haus Nummer 13 in der Niedstraße, Johnson hatte sein Büro in der Nr. 14. Beide nahmen regelmäßig an Treffen der Gruppe 47 teil, kritisierten und halfen einander. Eine »Bundeswehr-Bibliothek«, Lektürelisten für Bürger in Uniform, erbat sich Grass, Johnson lieferte prompt. Ein internationales Zeitschriftenprojekt sollte entstehen: Johnson dessen Redakteur, Grass einer der prominentesten Mitarbeiter sein.

Über die Jahre entwickelte sich ein Verhältnis weit über Kollegialität hinaus. Ihre »anhaltende Freundschaft bestand aus Distanz«, wie auch aus »heftiger Nähe«, so Grass über seine Beziehung zu Johnson. Der Briefwechsel der beiden Autoren gibt Zeugnis davon. Als Grass vom Tod Johnsons erfuhr, schrieb er an die Verlegerin Helen Wolff: »Auch wenn ich während der letzten Jahre mit einem so plötzlichen Tod gerechnet hatte, bin ich nun doch wie unvorbereitet.«

Günter Grass ist am 13. April im Alter von 87 Jahren in Lübeck gestorben.