100. Mitglied

Die Uwe Johnson-Gesellschaft begrüßte Anfang 2011 ihr 100. Mitglied, Dr. Erwin Kischel (65). Der gebürtige Neubrandenburger verfolgte die Aktivitäten der Gesellschaft von Beginn an. Wie Johnson verbrachte Dr. Kischel seine Jugend in der Barlachstadt Güstrow, wo er zwischen 1959 und 1963 die Erweiterte Oberschule John Brinckman besuchte. Hier war Johnsons ehemaliger Englischlehrer Hans-Jürgen Klug auch der seinige, und – Lehrerschicksal – wurde auch von dieser Schülergeneration noch immer „Clever“ genannt. Ebenso wenig hatte sich bei der Freizeitgestaltung der Güstrower Jugend verändert. Nach wie vor ging es zum Schwimmen an den Inselsee oder im Winter mit dem Schlitten an den Heidberg.

Nach dem Abitur studierte Dr. Kischel Agrarwissenschaften in Rostock und lehrte dort später auch. Auf Johnson und seine Romane, die in der DDR nicht erschienen, wurde er erst spät aufmerksam. Er erinnert sich, dass er den Namen erstmals zufällig in Meyers Lexikon 1973 neben dem Bild des sehr energisch dreinblickenden Autors entdeckte. Mitte der 80er Jahre stieß er auf den einzigen in der DDR veröffentlichten Text Johnsons, Ach! Sie sind ein Deutscher? Er war in einer Anthologie bundesdeutscher Literatur enthalten.

Es sollte noch gut zwanzig Jahre dauern, ehe Dr. Kischel Uwe Johnson für sich entdeckte. Dieses Mal war er ›vorbereitet‹: Zum einen studierte der jüngste Sohn des dreifachen Vaters inzwischen Germanistik in Rostock, wo man sich mittlerweile an den einstigen Studenten gut erinnerte und mit dessen Werk befasste. Und zum anderen entdeckte Dr. Kischel wiederum zufällig die zum 73. Geburtstag Johnsons errichtete Bronzestele in Güstrow. Als dann auch noch die Uwe Johnson-Gesellschaft gegründet wurde, nahm er dies zum Anlass, sich endlich eingehender mit diesem Autor zu beschäftigen. Er besuchte die internationale Tagung Identität des Autors zweifelhaft. Uwe Johnson. Werk und Leben im Rostocker Rathaus, abendliche Lesungen und die öffentliche Vorlesung von Prof. Holger Helbig im Sommersemester 2010. Die für ein breites Publikum konzipierte Vorlesung erleichterte Dr. Kischel den Zugang zu den Romanen, dass Johnsons Lebensgeschichte Interesse weckte, lag bei den biographischen Parallelen nahe.

Neben der Faszination für dessen Œuvre waren die vertrauten Orte und Erinnerungen ein Ansporn, sich weiter mit Johnson und der ihm gewidmeten Gesellschaft auseinanderzusetzen.